Conway’s Game of Life ⟶ Smooth Life ⟶ Lenia
Das „Spiel des Lebens“ ist ein faszinierender Teil der Informatik. Es handelt sich dabei nicht um ein Spiel im geläufigen Sinn, sondern um eine Simulation – mathematisch korrekt um einen zellulären Automaten. Der britische Mathematiker John Horton Conway definierte 1970 die Regeln für sein „Game of Life“. Bereits in dieser ursprünglichen Form entstehen in einem zweidimensionalen Gittermodell aus vier einfachen Regeln komplexe Muster, Abläufe und damit einhergehende Fragestellungen. Diese sind sowohl grafisch ansprechend, als auch theoretisch tiefgehend – bis hin zur „Turing-Vollständigkeit“ des Systems.
Conways „Game of Life“ wurde in vielen Programmiersprachen umgesetzt und dabei modifiziert, interpretiert und erweitert. So gibt es Umsetzungen mit unterschiedlichen Iterations-Regeln innerhalb der zweidimensionalen Matrix, aber auch 2.5D-Abbildungen (mit der z-Achse als Zeitverlauf), 3D- und mehrdimensionale Modelle.
Als „Smooth Life“ werden Varianten des Game-of-Life-Automaten bezeichnet, die nicht nur die umliegende Nachbarschaft (Moore-Nachbarschaft) eines zu berechnenden Gitterpunkts berücksichtigen, sondern einen größeren Umkreis. Außerdem wird der Zustand der Punkte von 0 oder 1 erweitert auf die rationalen Zahlen von 0 bis 1. Es werden also Kommastellen für einen kontinuierlichen Phasenwechsel zugelassen und der Status der Punkte dadurch weicher („smooth“). Siehe dazu auch: „Generalization of Conway’s ‚Game of Life‘ to a continuous domain – SmoothLife“ / 2011, Stephan Rafler, Nürnberg.
Lenia von Bert Wang-Chak Chan
Mit Lenia (von lateinisch „lenis“ = smooth/weich) veröffentlichte Bert Chan im Jahr 2017 ein generalisiertes Modell des „Game of Life“. Der Titel seines Beitrags aus 2019 „Lenia: Biology of Artificial Life“ zeigt schon, dass nicht nur die grafische Darstellung weicher wird, sondern auch inhaltlich die Grenze von der Informatik zur Biologie dabei weiter verschwimmt.
Die Muster gelten als eine Form des künstlichen Lebens und werden „Arten“, beziehungsweise „digitale Kreaturen“ genannt. Die berechneten Abläufe werden mit biologischen Verhaltensweisen verglichen: Selbstreplikation, Individualität, kommunizierende Kolonien.
Quellen
„Lenia portal“ / Bert Chan: https://chakazul.github.io/lenia.html
„Lenia: Biology of Artificial Life“, Complex Systems, 28(3), pp. 251–286 / 2019, B. W.-C. Chan: https://doi.org/10.25088/ComplexSystems.28.3.251
Particle Lenia, Google Research Lab
Auf Basis der Arbeit von Bert Wang-Chak Chan entstand 2022 im Google Research Lab das System „Particle Lenia“. Die Assoziation mit lebendigen Organismen illustriert, warum Conways Spiel oft nur noch kurz als „Life“ bezeichnet wird.
In Particle Lenia bewegen sich kleine, grafische Teilchen wie Zellen, beziehungsweise wie Mitochondrien im Inneren von Zellen. Die Betrachtung wirkt wie der Blick durch ein Mikroskop. Scheinbar einfache Interaktions-Regeln im Kleinen führen zu einem komplexen Verhalten und faszinierenden Mustern.
Quellen
„Particle Lenia“ / Alexander Mordvintsev, Eyvind Niklasson, Ettore Randazzo: https://znah.net/lenia/
„Particle Lenia and the energy-based formulation“ / 2022, Google Research Lab: https://google-research.github.io/self-organising-systems/particle-lenia/